
Für viele erscheint Hochsensibilität (HS) als gerade in Mode gekommen, oder als Modediagnose – wobei es für Hochsensibilität keine Diagnose gibt, da es sich hierbei um einen Wesenszug handelt. Es ist also weder eine Krankheit, noch eine Behinderung, die diagnostiziert werden kann – Hochsensible Menschen nehmen einfach die Umwelt und ihr Umfeld, sowie Emotionen und Gefühle, viel intensiver wahr. Sie reagieren also hoch(gradig) sensibel auf (äußere) Reize.
Warum aber sollten wir wissen, ob wir hochsensibel sind oder unser Kind hochsensibel ist, wenn es doch weder eine Krankheit, noch eine Behinderung ist?
Ganz einfach: Hochsensible Menschen sind schneller gereizt, wirken oft schnell überfordert oder aggressiv, aber natürlich können sie auch schnell introvertiert wirken und sich lieber zurückziehen. Wenn wir die Ursache kennen, können wir achtsamer reagieren und unserem Gegenüber erklären, warum wir, respektive unser Kind, auf bestimmte Situationen oder Reize, anders als vlt. üblich reagieren. Dies trägt zur Aufklärung bei und macht es unserem Gegenüber leichter, gewisse Reaktionen zu verstehen.
Hochsensibilität ist unter Umständen schon im Säuglingsalter zu erkennen. Woran?
Gewisse Verhaltensweisen im Säuglingsalter können schon erste Indizien für eine Hochsensibilität sein. Welche das sind, werden wir Ihnen hier einmal kurz erläutern.
Hochsensible Kinder wirken schon kurz nach der Geburt sehr wach und munter. Sie fangen frühzeitig an, ihre Bezugspersonen stark zu fixieren und jede Bewegung bis ins Kleinste zu verfolgen. Dennoch wenden sie sich schnell von allem ab, was sie überreizen mag. Das könnten z. B. bunte Gegenstände oder fremde Menschen sein. Gerade wenn viele Menschen im Raum sind, die das Baby einige Tage oder Wochen nach der Geburt sehen wollen, haben sie schnell das Bedürfnis sich abzuwenden – hin zu ihrer Bezugsperson. Damit können sie zusätzliche Reize abmildern.
Zudem reagieren HS Säuglinge sehr stark auf Emotionen ihrer Bezugspersonen. Es ist kein Geheimnis, dass Babys und Kleinkinder besonders feine Antennen haben und Stimmungsschwankungen ihrer Bezugspersonen sehr gut wahrnehmen können. Bei HS Babys kann dies noch einmal deutlich ausgeprägter sein. Sie reagieren unter Umständen extrem auf die kleinsten Veränderungen in der Stimmung ihrer Eltern. Manchmal sogar noch bevor die Eltern es selbst wirklich wahrnehmen, bzw. einordnen können.
HS Säuglingen fällt es zudem öfter schwerer in den Schlaf zu finden, wenn viel los war oder viel los ist. Sie reagieren ggf. extrem auf Veränderungen und finden dadurch nicht, bzw. nur schwer in den Schlaf. Gleiches gilt für das Stillen oder die Flasche. Sie können nur schwer bis gar nicht trinken, wenn sie in einer fremden Umgebung sind oder von anderen Menschen als ihren Bezugspersonen umgeben sind. Auch ein umherreichen von Arm zu Arm mögen sie nicht sonderlich. HS Kinder die schon im Säuglings- oder Kleinkindalter eher extrovertiert sind, stören sich weniger an dem umherreichen, allerdings benötigen sie hinterher immer sehr viel Ruhe und Begleitung seitens ihrer Bezugspersonen.
Auch erschrecken sich hochsensible Kinder weitaus schneller. Selbst bekannte, aber plötzlich auftretende Geräusche, machen ihnen Angst. Geräusche, die weiter weg zu sein scheinen, sind für sie wesentlich lauter und näher, als für nicht HS Kinder.
Wie können wir HS Kindern helfen?
Uns ist es wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass es nichts bringt, bestimmte Situationen zu meiden, nur weil HS Kinder evtl. wesentlich sensibler reagieren als andere Kinder. Dennoch ist hier Achtsamkeit geboten.
Situationen, die die Kinder negativ stimulieren, sollten nicht gänzlich vermieden werden, aber auch nicht übermäßig ausgereizt. Das heißt, wenn Sie wissen, das Kind trinkt in einer fremden Umgebung nicht gut, sollten Sie es behutsam heranführen. Immer mal versuchen, ob es klappt, aber wenn nicht, dann lieber nach Hause fahren oder einen reizarmen Ort aufsuchen, in dem das Kind ungestört trinken kann.
Sie können Ihre Kinder nicht vor allem schützen, aber sollten es nicht ausREIZEN mit dem Ziel, dass sich das Kind daran gewöhnt, sondern im Fall des Falles eng begleiten und schützen, sowie es die Gegebenheiten eben gerade zulassen. Frust und/oder Wut aufgrund der Überreizungen sollten Sie geduldig aushalten und dem Kind Zeit geben, sich zu regulieren.
Kinder die eher extrovertiert und HS sind, werden sich unter Umständen in Situationen stürzen, bei denen sie schnell überreizt sind. Dabei sollten Sie die Grenzen Ihrer Kinder erkennen können und es anleiten, seine Grenzen selbst spüren zu können, um eine Überreizung zu vermeiden, bzw. gering zu halten.
Kinder die eher introvertiert und HS sind, könnten schnell in die Vermeidungshaltung fallen. Diese Kinder sollten ermutigt werden auch mal Dinge zu tun, die sie sonst eher lieber meiden würden. Aber niemals drängen oder alleine lassen. Enge Begleitung und achtsames heranführen hat hier oberste Priorität.
Einen kleinen Test für ältere Kinder oder Erwachsene würden wir Ihnen hier einmal kurz anhängen. Dieser gibt weder Auskunft darüber, ob Sie HS sind, bzw. Ihr Kind HS ist, noch schließt es eine Hochsensibilität gänzlich aus. Er dient vielmehr dazu, um evtl. Auffälligkeiten besser einordnen zu können.
Auch ist es wichtig zu wissen, dass nicht alle Punkte auf dieser Liste bei einem Hochsensiblen Menschen vorkommen. Es reichen schon einige wenige Punkte aus, sofern diese deutlich stärker ausgeprägt sind, als möglicherweise üblich.
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