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Warum sollten wir ein ‘nein’ meiden?

Negationen stiften in unserem Gehirn Verwirrung – nicht nur bei Kindern, auch bei uns Erwachsenen.

Die Universität Bielefeld hat herausgefunden, dass negativ formulierte Sätze bis zu 400 Millisekunden länger für die Verarbeitung brauchen als positiv formulierte Sätze.

Jeder Satz erzeugt in unserem Gehirn eine Art Bild. Dieses Bild schlüsseln wir auf. Hören wir nun einen Satz wie: ‘Denke nicht an eine gelbe Blume auf einer grünen Wiese’, so denken wir automatisch an eine ‘gelbe Blume auf einer grünen Wiese’. Erst nachdem unser Gehirn das ‘nicht’ in dem Satz vollständig verarbeitet hat wissen wir, an was wir eigentlich nicht denken sollten – aber dann ist es schon zu spät. Mit den Jahren haben wir gelernt Negationen zu ‘verstehen’, auch wenn es, wie oben erwähnt, unserem Gehirn wirklich viel Arbeit bereitet.

Kinder haben entwicklungsbedingt diesen ‘Vorteil’ nicht. Sie lernen erst, zu kommunizieren und zu verstehen. Unsere Kinder sind daher darauf angewiesen, dass wir ihnen klare und deutliche Botschaften senden – dies geht natürlich am Besten dann, wenn wir komplexe Sprachmuster, wie z. B. die Negation, vermeiden.

Als Gegenargument, dass Kinder kein ‘nein’ verstehen, kommt ganz oft: „Nein war das erste Wort was mein Kind gesagt hat“, oder: „Mein Kind weiß ganz genau was ‘nein’ bedeutet, schließlich sagt er [oder sie] es ja ständig.“

Diese Aussagen finde ich immer sehr traurig. Wenn ‘nein’ zu den ersten Worten der Kinder gehört, heißt dies faktisch nichts anderes, als das sie dieses Wort schon zu oft gehört haben.

Und natürlich heißt „ein ‘nein’ bzw. ‘nicht’ vermeiden“ nicht, dass sie diese Worte grundsätzlich nicht verstehen, sondern sie einfach irreführend sind und von kleineren Kindern einfach ‘überhört’ werden. Kinder sind in ihren Tätigkeiten so gefangen, da alles neu, interessant und spannend ist. Gleichzeitig müssen sie visuell und auditiv so viel zusätzlich wahrnehmen (was eine absolute Hochleistung für die Kleinen ist und weswegen es nicht verwunderlich ist, wenn sie am Abend des öfteren total überreizt sind), dass sie alles für sie unwichtige in der Kommunikation herausfiltern – und dazu gehören allem voran die Negationen. Aus einem „Nein, geh nicht an diesen Schrank“, wird im kindlichen Gehirn ein „… geh an diesen Schrank …“. Wir Eltern wundern uns dann, warum unsere Kinder ‘nicht hören’ – dabei tun sie genau das was sie hören.

Damit unsere Kinder also ‘machen was wir sagen’, bzw. in dem Fall, was sie nicht machen sollen, müssen WIR an unserem Kommunikationsmuster arbeiten.

Das erreichen wir auf verschiedene Arten.

Als Erstes sollten wir eine ‘ja-Umgebung’ schaffen. Je kleiner die Kinder sind, desto entspannter ist unser Zusammenleben, wenn wir alles wegräumen was uns entweder sehr wichtig ist, oder was sehr gefährlich ist, so dass nur die Sachen in Reichweite stehen, die unsere Kinder bedenkenlos mit allen Sinnen erkunden dürfen.

Es gibt nämlich noch viele Dinge in einem Haushalt, die sich weniger leicht wegräumen lassen, z. B. Steckdosen, Treppen oder Möbel. Heißt, spätestens bei gefährlichen Dingen müssen wir einschreiten.

Dies bringt mich zu Punkt zwei. Dinge wie z. B. eine Steckdose, oder eine heiße Herdplatte haben auf Kinder eine magische Anziehungskraft.

Grundsätzlich gilt es diese Dinge zu sichern, mit Herdschutzgittern oder einem Steckdosenschutz.

Trotzdem sollten wir bedenken, dass in anderen Haushalten in denen wir vielleicht zu Besuch sind, nicht alle Gegenstände zwangsläufig ‘kindersicher’ sind. Daher ist es durchaus angebracht, die Kinder schon frühzeitig auf mögliche Gefahren hinzuweisen. Dies geht bspw. mit Signalwörtern wie ‘STOP’. Mit solchen Wörtern müssen wir trotzdem achtsam umgehen. Die Kinder dürfen durchaus wissen, dass wir diese Worte nur dann einsetzen, wenn sie wirklich notwendig sind. Sie sollten nicht zu einer Floskel werden. Wer diese ‘Signalwörter’ nicht mag, kann positive Formulierungen wählen.

Wenn wir also sagen wollen „Geh nicht an die Steckdose“, könnten wir alternativ sagen „Komm, lass uns hier hin gehen, die Steckdose ist zu gefährlich.“

Der für mich wichtigste Aspekt ist aber der der Wertschätzung.

Positiv formulierte Sätze sind wesentlich wertschätzender als negativ formulierte Sätze. Wir kommen lieber einer Bitte nach, als eine Sache zu lassen, die uns verboten wurde.

Lenken wir den Blick um, formulieren wir positiv, vermeiden wir ein ‘nein’ solange es uns möglich ist. Natürlich kommen wir nicht umhin, Negationen zu nutzen – aber nutzen wir sie sparsam und achtsam. Anfangs sicher anstrengend, es fühlt sich vielleicht auch befremdlich und unnatürlich an und nicht authentisch, aber es lohnt sich. Mit der Zeit wird es einfacher und unsere ‘nein’ werden immer weniger. Wir nutzen sie nur dann, wenn sie wirklich angebracht sind – wir hinterfragen viel mehr.

Je schwieriger es ist, eine positive Formulierung zu finden, desto unwichtiger ist am Ende das ‘nein’.

Und wenn es wirklich nicht abzuwenden ist, dann nutzen wir es – denn DANN ist es sinnvoll.

Weiterführende Informationen zur wissenschaftlichen Erforschung des „Nein“ können hier gefunden werden (geforscht wurde zwar an Erwachsenen Probanden, aber auf Kinder übertragen, ist es für sie noch viel schwieriger ein „Nein“ zu verstehen, wie oben ausgeführt): http://www.pressetext.com/news/20090213017 (URL abgerufen am 01.11.18, 20:45 Uhr).

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